Zu den Gemeinschaftsarbeiten von
Christoph Feichtinger und Wolfgang Seierl


Einsam ist die Tätigkeit des Malers. Monate und Jahre verbringt er vor grausamen weißen Flächen allein, Kontakt und Austausch hat er nur in der Ausnahmesituation des Vorzeigens, meist in der Organisationsform von Ausstellungen. Daraus versteht sich das Bedürfnis, die dem Menschen eingeborene Bestimmung zum Gemeinschaftswesen auch in und während bildnerischer Tätigkeit zu leben.
Tatsächlich wurde diese Sonderform der zweisamen Bildnerei sowohl von Wolfgang Seierl als auch von mir schon einige Male mit verschiedenen Partnern herbeigeführt. In diesem Fall wurde die Initiative ausgelöst durch den überwältigenden Eindruck, den eine Ausstellung von Gemeinschaftsarbeiten Wolfgang Seierls mit Roman Baumgartner im Bildungshaus St.Virgil in Salzburg auf mich gemacht hat. Ich habe damals, 1995, wieder einmal gesehen und gespürt, wie herausragend und einzigartig die Ergebnisse einer solchen Kommunion sein können; es entstehen Arbeiten, die keiner der Teilnehmer je allein zustandebringen könnte.
Nun wäre es aber falsch, die Faszination nur am Ergebnis festzumachen. Ebenso wichtig für die Teilnehmer ist die bildnerische Kommunikation selbst, da in ihr sich Leben verdichtet, wie das vergleichsweise nur in der Liebe der Fall ist. Ich meine damit das Erlebnis der Öffnung und das Zulassen von Anderssein als einigendes Ereignis. Aufregende Unsicherheit, glückliche Spannung, entzündete Aggression, spielerische Achtsamkeit, das Universum zwischenmenschlicher Lebendigkeit liegt in diesem gegenseitigen Sich-Aussetzen.
Zurück zu den bildgewordenen Ergebnissen. Die beiden bildnerischen Diskutanten bedienen sich unterschiedlicher Sprachen, der eine benützt das ihm eigene informelle Vokabular, in händischem Auftrag frei erfunden, der andere verwendet geomethsierte, drucktechnisch aufgebrachte Argumente aus seinem Fundus vorgefundener Elemente. Indem also unterschiedliche bildnerische Ausdrucksarten aufeinandertreffen, ergibt sich ein spannungsgeladener, in seinem Vortrag so deutlich unterschiedener Dialog wie etwa bei einem Duett für Violine und Klavier. Anders ausgedrückt: Das warme Element der handschriftlichen Äußerung trifft sich mit dem kalten Element der instrumentellen Formation, um ein Ganzes zu ergeben, so wie zwei Instrumente zu einem Musikstück beitragen.


Christoph Feichtinger
Wien, November 1997

 


nicht selten
stehe ich
so wie der zauberer,
der sich selbst hervorbringt
vor mir
als dem zauberer,
der sich selbst hervorbringt
und lache –
fassungslos

 

Roman Baumgartner